
Wenn User an sich zweifeln: Warum das Teslersche Gesetz eines der wichtigsten Design-Prinzipien ist
Kennst du das Gefühl, wenn du eine App oder Website nutzt und irgendwie nicht weiterkommst? Wenn du denkst, du bist wohl zu blöd dafür? Genau hier liegt oft das Problem, und zwar nicht bei dir, sondern beim Design.
Das Teslersche Gesetz, auch Gesetz der Komplexitätserhaltung genannt, erklärt, warum das so ist. Und je mehr wir bei Digital Flower damit arbeiten, desto klarer wird es. Es ist eines der wichtigsten Prinzipien im Design, das aber erschreckend oft missachtet wird.
Was ist das Teslersche Gesetz?
Larry Tesler erkannte in den 1980er Jahren etwas Entscheidendes. Jedes System hat einen Kern an Komplexität, der nicht einfach verschwindet. Diese Komplexität kannst du nicht wegdesignen, du kannst sie nur verlagern. Entweder übernimmt das System die Komplexität, oder der User muss damit umgehen.
Die Frage ist also nicht ob, sondern wer die Arbeit macht.
Tesler sagte damals etwas Simples und gleichzeitig Einleuchtendes. Lieber verbringt eine Entwickler*in eine zusätzliche Woche damit, die Komplexität zu reduzieren, als dass Millionen von Userinnen täglich eine zusätzliche Minute mit dem Produkt kämpfen müssen.
Warum wird das Gesetz so oft missachtet?
In der Praxis sehen wir immer wieder Produkte und Websites, die diese Grundregel ignorieren. Manchmal bewusst, weil die Umsetzung zu teuer geworden wäre. Manchmal unbewusst, weil das Problem erst im Live-Betrieb sichtbar wird.
Das Tückische dabei ist, dass wir als Designerinnen oder Entwicklerinnen oft gar nicht sofort merken, wo wir Komplexität an die User weiter gegeben haben. Wir kennen das System, wir verstehen die Logik. Erst wenn die Menschen nach dem Release damit zu arbeiten beginnen, zeigen sich die Probleme.
Aus der Praxis: Projekt Spielgruppe Sünneli
Ein konkretes Beispiel aus unserer Arbeit bei der Website für die Spielgruppe Sünneli, die genau diese Thematik aufgreift, war das Merkblatt, das bei der Anmeldung der Kinder an die Eltern ausgehändigt wurde und alle wichtigen Informationen alphabetisch sortiert enthielt. Unser Auftrag war es, diese Informationen auch auf der Webseite zugänglich zu machen. Wir haben daraus eine eigene Unterseite gemacht, die wir liebevoll „A bis Z" tauften.
In der ersten Iteration des Designs unterlagen wir einem gewissen Zeitdruck. Das führte dazu, dass die Seite online ging, obwohl wir eigentlich schon wussten, dass sie mehr Überlegungen gebraucht hätte. Design war naheliegend… alle Infos an einem Ort, alphabetisch strukturiert, einfach durchsuchbar. Das Merkblatt boten wir weiterhin als Download an, was wir heute noch machen.
Aber uns war klar, dass das zu viel Text auf einer Seite ist. Niemand würde das wirklich durchlesen. Wir hatten die Komplexität komplett an die User abgegeben. Sie mussten sich durch einen riesigen Textblock kämpfen, scrollen und durch kämpfen.
Die Zahlen gaben uns recht. User besuchten die Seite seltener oder scrollten nicht bis zum Ende, obwohl es für die Anmeldunng wichtige infos im unteren teil zu lesen gab. Erst durch diese Bestätigung der Zahlen hatten wir auch die Möglichkeit, nochmals Zeit zu investieren und diese Seite weiterzuentwickeln.
In der zweiten Iteration machten wir das ABC interaktiv und durchklickbar. Gleicher Inhalt, gleiche Infos, aber die Komplexität liegt jetzt im System, nicht beim User. Die Interaktion lädt zum Verweilen ein und die Informationen sind trotzdem vollständig auffindbar.

Wir haben den Aufwand in einem zweiten Schritt auf uns genommen, damit die Eltern es bei der Anmeldung ihres Kindes und den damit verbundene Entscheidungen einfacher haben.
Wenn User an sich selbst zweifeln
Bei Digital Flower beobachten wir regelmässig, wie Menschen mit schlecht designten Produkten arbeiten. Oft werden dabei Äusserungen gemacht wie «Ich bin glaub ich zu blöd dafür» oder «Ich verstehe das nicht.» Sie ärgern sich über sich selbst und nicht über das Produkt.
Den meisten User ist gar nicht bewusst, dass sie gerade ein Design-Problem durchleben. Sie denken, sie hätten es nicht begriffen. Dabei ist es das Produkt, das sie nicht unterstützt.
Das ist das Gemeine an schlechtem Design. Es ist unsichtbar für die, die darunter leiden. Sie fühlen sich einfach frustriert und schieben es auf sich selbst.
Ein Produkt sollte immer unterstützend sein. Es sollte User mit einem guten Gefühl zurücklassen, nicht mit Selbstzweifeln. Und genau hier setzt das Teslersche Gesetz an.
Funktion vor Form… aber beides ist möglich
Natürlich gewinnt eine funktional perfekte, aber optisch schlichte Website vielleicht keinen Design-Award. Aber User kehren wahrscheinlich öfter zurück als auf eine Seite, die zwar wahnsinnig gut aussieht, aber im Alltag nicht funktioniert.
Das heisst nicht, dass Design unwichtig ist… im Gegenteil. Aber wenn wir beim Design dem Teslerschen Gesetz folgen und die Komplexität ins System verlagern statt zum User, können wir viele andere Probleme ausgleichen. Oft ist das Budget knapper, oft bleibt weniger Zeit fürs UI-Design oder andere gestalterische Massnahmen. Doch eine gut funktionierende Seite kann solche Einschränkungen oft aufheben.
Was bedeutet das für deine Projekte?
Natürlich zeigen sich viele Probleme erst, wenn echte User das Produkt nutzen. Das ist völlig normal und Teil des Prozesses. Aber entscheidend ist, was danach passiert.
Lassen wir die Probleme stehen? Oder investieren wir die Zeit, um Lösungen zu finden, die den User entlasten?
Wenn wir das Teslersche Gesetz konsequent anwenden, entwickeln wir Produkte vorwärts und zeigen den Usern das wir sie ernst nehmen.
Das Resultat sind Produkte, die funktionieren. Produkte, die unterstützen. Produkte, die den User sich “gut” fühlen lassen.
Fazit
Das Teslersche Gesetz klingt einfach, aber es konsequent anzuwenden ist Arbeit. Es bedeutet, sich immer wieder zu fragen, wer hier gerade die Komplexität übernimmt. Das System oder der User?
Bei Digital Flower versuchen wir, diese Frage immer zugunsten des Users zu beantworten. Nicht immer perfekt, nicht immer beim ersten Versuch. Aber mit dem Willen, dass bestmögliche herauszuholen.
Denn am Ende des Tages geht es nicht darum, das schönste Produkt zu bauen. Es geht darum, das beste Erlebnis zu schaffen.
Lass uns gemeinsam daran arbeiten, Design besser zu machen. Schreib uns!